Der Apfel


Ein kleiner Junge ging eines Tages in den Wald um Beeren zu suchen, denn er hatte seit Tagen nichts gegessen.
Als er fertig war, lief er froh vor sich hin singend aus dem Wald heraus. Seine armen Eltern würden sich bestimmt über die Beeren freuen.
Plötzlich fiel ihm ein roter Apfel vor die Füße. Er bückte sich und hob ihn auf. Er sah, daß der Apfel schon fast überreif war. Da biß er hinein. Der Apfel schmeckte wirklich gut!
So machte er sich noch fröhlicher auf den Heimweg.
Er war so vertieft in seine Gedanken, daß er den Räuber nicht bemerkte, der lauernd hinter einem Baum stand und auch seit Tagen nichts mehr zwischen die Zähne bekommen hatte. Als der Junge nahe genug herangekommen war, stürzte er sich mit Gebrüll auf ihn.
Dann machte er sich zuerst über die Beeren und dann über den Rest des Apfels her. Das Grips warf er einfach an den Wegrand.

Jahre später war aus dem Grips ein wunderschöner Apfelbaum geworden.
Der Räuber erinnerte sich längst nicht mehr daran, als er wieder bei dem Apfelbaum vorbeikam.
Als er genau darunter stand, fiel ihm ein Apfel vor die Füße. Er hob ihn vom Boden auf und biß herzhaft hinein. Doch als er die saftigen Stücke hinunterschlucken wollte, schmeckte er etwas Bitteres. Er spuckte das (wie er glaubte) faule Zeug aus - und siehe da: In den Stücken ringelte sich ein Wurm!
Der Räuber ekelte sich und wollte verschwinden, doch eine unsichtbare Macht hielt ihn fest!
Und als er sich wieder zu dem Wurm umdrehte, glaubte er seinen Augen kaum zu trauen: Aus dem kleinen Wurm war ein riesiges Monster geworden!
Der Räuber schrie auf und wollte weglaufen, doch wieder hielt ihn die unsichtbare Macht fest.
Der Wurm war mittlerweile mindestens zehn Meter hochgeworden! Doch er gab keinen Laut von sich.
Da rief der Räuber zu ihm auf: "Wer oder was bist du? Und was willst du von mir?"
"Ich bin die Seele des armen Jungen, den du vor Jahren überfallen und getötet hast!"
Da erinnerte sich der Räuber. "Aber...was willst du nun von mir...?" fragte er mit zitternder Stimme.
"Ich werde mich nun an dir rächen!"
"Aber...wie...?"
"Ich werde dich in einen Apfel verbannen! Und wenn eines Tages jemand den Apfel ißt, wird dich meine Rache treffen: Du wirst langsam zerstückelt und aufgefressen werden!"
Der Räuber schrie, außer sich vor Angst: "Neeiiin!!!"
Doch da war es schon geschehen: Er saß mitten in einem Apfelgehäuse! Dort würde er voller Angst auf seinen schrecklichen Tod warten müssen!
Der Räuber schrie, so laut er konnte.
Doch natürlich hörte ihn niemand. Denn...wer hört schon einem Räuber in einem Apfel zu...?!

© by Janis Purucker, 1998